Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile
Aristoteles
Die Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein strukturiertes Gefäss in der öffentlichen Schule, in dem sich Schulleitung, Schulpsychologie, Heilpädagogik und Schulsozialarbeit regelmässig und prozessorientiert über Kinder, Situationen und Klassen austauschen. Dem folgend beschriebenen Konzept liegt die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Gemeinde Baar zu Grunde. Diese wurde ca. 2010 entwickelt und findet bis heute statt.
Ausgangslage
In den Schulhäusern mangelt es nicht an Fachlichkeit. Damit diese Expertise allerdings möglichst effektiv und nachhaltig genutzt werden kann, sollte sie vernetzt gelebt werden. Im aktuellen System ist es relativ aufwändig, den Schulpsychologischen Dienst beizuziehen. Zudem braucht es eine konkrete Frage, welche ein konkretes Kind betrifft. Damit ist präventives Handeln schlecht möglich. Zudem sind Massnahmen sehr oft auf ein Kind beschränkt, Klassensituationen oder Schwierigkeiten einer Lehrperson können somit schlecht adressiert werden.
Beschrieb
In einem interdisziplinären Austausch werden die Methoden, Denkweisen und das spezifische Wissen verschiedener Fachdisziplinen (SHP, SSA, SL und SPD) eingebunden und genutzt. So findet über die Fachgrenzen hinweg ein Verständigungsprozess statt, d. h. ein gemeinsames und breiteres Verständnis des Problems und der Lösungswege wird gefunden. Dadurch entstehen neue Ideen und Synergien. Die Fachpersonen werden vor Ort niederschwellig darin gestärkt, im Umgang mit schwierigen Situationen zu bestehen. Die Schulleitung ist jederzeit über herausfordernde Verläufe informiert und kann gezielt Akzente setzen. Insgesamt wird die (Weiter)Entwicklung einer Schulkultur im Hinblick auf die Handhabung herausfordernder Situationen gefördert, der Druck auf die einzelnen Akteure im System sinkt. Die Arbeit wird ausserdem zunehmend präventiv ausgerichtet, d.h. Fälle werden besprochen und bearbeitet lange bevor eine Anmeldung beim Schulpsychologischen Dienst nötig wird. Die Erfahrung zeigt zudem, dass die Handlungsfähigkeit bei allen Beteiligten steigt, die Fallbelastung insgesamt aber für alle Beteiligten sinkt. Durch die hohe Handlungsorientierung wird zudem Ohnmacht im System vermieden. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass bei diesem Vorgehen nicht nur ein Kind profitiert, sondern dass, gerade bei Schwierigkeiten einer Lehrperson, auf der Systemebene interveniert werden kann und somit die ganze Klasse profitiert.
Wirkmechanismen
Interdisziplinarität, Mehrperspektivenprinzip
Auch unbeteiligte Fachpersonen mit anderer „Brille“ können ihre Kompetenzen, Erfahrungen, Stärken, Methoden und ihr Wissen in den Austausch über komplexe Fälle einbringen. Die Vielfalt an Expertise und Perspektiven ermöglichen es, breitere Zusammenhänge zu verstehen und ein breites und fundiertes Ideenspektrum zu entwickeln. Alle Beteiligten eines Falls erfahren gleichzeitig voneinander, wer welchen Beitrag leistet. Dadurch werden klare Absprachen und klare Aufgabenverteilungen möglich.
Niederschwelligkeit, Prävention
Häufig müssen Beteiligte schwierige Situation lange aushalten bevor eine SPDAnmeldung gemacht wird. Der interdisziplinäre Austausch bringt als niederschwelliges Angebot vor Ort Entlastung, bevor eine kritische Schwelle erreicht ist. Der SPD ist in mehr Fällen unterstützend präsent, kann frühzeitig helfen zu klären, ob eine SPD-Anmeldung (oder ein anderes Vorgehen) sinnvoll ist. Bei frühzeitigen Interventionen ist der Handlungsspielraum in der Regel grösser. Risiken können verringert oder unerwünschte Folgen abgeschwächt werden.
Nachhaltigkeit
Das Wissen verschiedener Fachbereiche wird verknüpft und dadurch multipliziert. In Verlaufskontrollen kann die Wirksamkeit von Interventionen evaluiert werden.
Steuerungsinstrument
Indem alle Informationen über komplexe Fälle bei der Schulleitung zusammenlaufen, kann unter der Schulleitung ein gemeinsames Vorgehen festgelegt werden (z. B. Was ist der aktuelle Stand? Wer macht was, bis wann?). Langfristig dient dies auch der Schulentwicklung (z.B. Wie gehen wir mit herausfordernden Situationen um?).
Intensivere Zusammenarbeit Schule – SPD
Neben Fällen können auch fallübergreifende Themen mit allen Beteiligten besprochen werden (z. B. aktuelle Themen in der Schulhauseinheit, Klärung der Zusammenarbeit). Unter der Leitung der Schulleitung findet ein Austausch unter gleichwertigen Playern statt, in dem jede/r als Experte für den eigenen Fachbereich Inputs einbringen kann.
Konkrete Umsetzung
Organisation
- Leitung: Schulleitung
- Ort: in der Schule
- Jahresplanung der Termine
Teilnehmende
- Ständig: Schulleitung, Schulsozialarbeit, schulische Heilpädagog*innen, SPD
- Allenfalls wechselnd: Lehrperson(en), Logopädin (bei Bedarf weitere Fachpersonen)
Häufigkeit / Dauer
- ca. 2 – 4 mal pro Semester
- ca. 1.5h
Videobeispiel
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